Broncia koller-pinell

heiligenblut

Dieses Blatt ist ein großartiges Werk der Jahrhundertwende und reflektiert die Persönlichkeit der Künstlerin in ihrem engen familiären Umfeld.

“Heiligenblut” ist Koller-Pinells Schwiegermutter Josefa Gustavine Koller, geb. Edle von Kleinmayer (1846–1919) anlässlich ihres Geburtstags gewidmet. Ihr Ehemann Dr. Rupert Koller (1827–1893) entstammte einer Lehrerfamilie aus Heiligenblut. Das rechts des Baumstamms wiedergegebene Rupertihaus existiert noch. Es wurde 1890 erbaut, nach Dr. Rupert Kollers Tod 1893 von seiner Witwe als Hotel-Pension betrieben. Im August 1900 hielt sich Broncia mit den Kindern im Nebenhaus auf (B. Weidle in B. Manner, „Broncia Koller“, Wien 2006, S. 119–120).

Dieses Bild weist auf die besonderen biografischen Umstände der Familien Koller und Pineles hin: Josefine Koller schätzte ihre Schwiegertochter, doch sah sie Broncias jüdische Herkunft problematisch, da sie „nicht Deines Stammes ist“, so schrieb sie ihrem Sohn Hugo noch vor der Hochzeit (zit. nach Natter Kat. Ausst. „Broncia Koller-Pinell“, Jüdisches Museum Wien,1993, S. 20). Ob in diesem Blatt mit dem Hinweis auf die Stammeseltern des Alten Testaments, die das katholische Alpendorf Ambiente rahmen, das Verbindende vor das Trennende der beiden Glaubenskulturen gestellt werden soll?

Der besondere Reiz dieses Blattes ist die stilistische Gegensätzlichkeit der idyllischen Gebirgslandschaft und den symbolistischen Akzenten der gemalten Umrahmung mit Adam und Eva und dem Baum der Erkenntnis, der die Landschaft teilt. Das Bild entstand genau zu der Zeit, als sich Koller-Pinell begann mit der Holzschnitttechnik auseinanderzusetzten, in der sie in den folgenden Jahren besonders attraktive Jugendstilmotive kreierte. Die dekorativ-flächig gemalte Umrahmung dieses Blattes entspricht genau diesen modernen Bestrebungen.

2.8.1900

signiert und datiert

Mischtechnik/Papier

64 x 50 cm

Widmung: "Unserer geliebten Mutter Josefine in Liebe und Ehrfurcht gewidmet am 2. August 1900. Heiligenblut"